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Bergarbeiterwohnungsbau im Saarland

Zwei Jahrhunderte Siedlungswesen – eine Zeitreise!

Der Bergbau auf Steinkohlen hat im Saarland aufgrund der besonderen geologischen Verhältnisse schon sehr früh eingesetzt. Bodenfunde, beispielsweise aus römischer Zeit und urkundliche Erwähnungen von Gewinnungsarbeiten wie im Schöffenweistum zu Neumünster von 1429 belegen dieses. Aber erst die 1751 durch den Fürsten Wilhelm- Heinrich zu Nassau-Saarbrücken vollzogene Einziehung“ sowie die 1754 erfolgte „Allgemeine Reservation“, d. h. die rechtlich fundierte Inbesitznahme aller Kohlengruben und Abbaufelder, können als eigentlicher Beginn der systematischen, wirtschaftlichen und rationellen Steinkohlengewinnung im Land an der Saar angesehen werden. An die Stelle der planlosen Kohlengräberei am Flözausgehenden trat nunmehr ein kunstgerechter Abbau, verbunden mit wirksamer Wasserlösung. Vor allem aber steht der saarländische Steinkohlenbergbau von diesem Zeitpunkt an unter einheitlicher Leitung im Staatsbesitz, ein Umstand, der ihm ein von allen anderen Bergbaurevieren unterschiedliches, ureigenes Gepräge verliehen hat.

Mittlerweile über 250 Jahre geregelter bergbaulicher Tätigkeit haben die geschichtlich gewachsenen, vorindustriellen Strukturen des Landes an der Saar grundlegend umgestaltet. Die sich mit ungeheurer Dynamik vollziehenden Wandlungsprozesse lassen sich in allen saarländischen Revierteilen, so dem zwischen Saarbrücken und Neunkirchen gelegenen Saarkohlenwald, dem Bereich um Ensdorf und der an Frankreich angrenzenden Waldlandschaft des Warndts, nachvollziehen. Vor allem aber in den Landschaftsteilen, in denen die kohlenführenden Schichten des Saarkarbons oberfl ächennah anstehen, also dem Saarkohlenwald und der karbonen Insel rund um Ensdorf, hat eine umfassende Umgestaltung der ehemals wirtschaftlich nicht bzw. kaum genutzten Kulturlandschaft in eine hochdifferenzierte, infrastrukturell dicht erschlossene Bergbaulandschaft stattgefunden.

Der Steinkohlenbergbau als initiierende Kraft und Motor dieser Prozesse ist trotz der Tatsache, dass infolge der seit Jahrzehnten gesamtwirtschaftlich un günstigen Entwicklungen der Steinkohlenwirtschaft im Saarland lediglich das „Bergwerk Saar“ übriggeblieben ist, noch fast überall spür- und sichtbar. Als wichtigste Objekte und Zeugnisse der bergbaulichen Aktivitäten in den saarländischen Revierteilen müssen diesbezüglich die großfl ächigen Grubenareale mit ihren Tagesanlagen, die Vollformen der Bergeschüttungen sowie die entstandenen charakteristischen Siedlungsstrukturen angesehen werden.

 

Die Anfänge des Saarländischen Bergbaus

Sowohl während des landesherrlichen Betriebs der Gruben zwischen 1751 und 1793 als auch in der Napoleonischen Zeit zwischen 1793 und 1815 ist die wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus trotz der Einführung zahlreicher technischer Innovationen als gering einzuschätzen. 1773 waren beispielsweise in insgesamt 45 Stollenbetrieben lediglich 141 Bergleute angelegt. Die Gesamtförderung betrug 1790 gerade einmal 45.000 Tonnen. Mit der Übernahme der Gruben durch den Preußischen Bergfi skus, nur ein kleiner Teil des Saarreviers fiel in Folge der Bestimmungen des Pariser Friedens an das Königreich Bayern, wurden vielfältige Veränderungen eingeleitet und umgesetzt. Organisation und Zuständigkeiten im Bergbau erhielten eine neue Gliederung. Die systematisch betriebene Bestandsaufnahme aller Grubenbetriebe fand ihren Niederschlag in der Schaffung größerer, effektiver arbeitender Betriebseinheiten. Präzise Markscheideraufnahmen der bestehenden Gruben und Prospektionen führten zu vorteilhafteren Vorrichtungsmaßnahmen der in Förderung stehenden Gruben. Vor allem aber wurden das Wegenetz erheblich erweitert und ab l828 Dampfmaschinen in größerem Umfang auf den Gruben eingesetzt.

Die Auswirkungen dieser vom preußischen Wirtschaftsgeist zusätzlich geförderten und beeinflussten Aktivitäten waren zunächst noch recht bescheiden. Die Zahl der Belegschaft erhöhte sich von 917 Bergleuten im Jahr 1816 über 1.383 Grubenarbeiter in 1835 auf 3.348 im Jahr 1845. Die Förderzahlen stiegen in den gleichen Bezugsjahren von knapp 100.000 Tonnen über 207.000 Tonnen auf knapp über 528.000 Tonnen Steinkohlen. Die Verteilung der Bevölkerung wurde um 1820 im Wesentlichen noch durch die Produktionskraft des Bodens und somit seine Eignung für die Landwirtschaft bestimmt. Die späteren bergbaulichen Schwerpunkträume waren demzufolge noch überwiegend siedlungsfrei. Bis 1840 betrug der Bevölkerungszuwachs für die Waldlandschaft auf produktivem Karbon zwar 84 Prozent. Dennoch führte das Anwachsen der wenigen Siedlungen mit ihren insgesamt jetzt 8.800 Bewohnern, die sich zudem in der Tallage des Sulzbachs konzentrieren, noch zu keiner wesentlichen Änderung des Erscheinungsbildes der Landschaft.

 

Der Bergbau wird an der Saar zum Wirtschaftsfaktor 

Dieses änderte sich grundlegend im Zeitraum zwischen 1840 und 1871. Beispielsweise erhöhte sich die Bevölkerungszahl im Saarkohlenwald landesweit überdurchschnittlich auf nunmehr 41.000 Einwohner, was einer Bevölkerungsdichte von 331 Einwohnern pro Quadratkilometer entspricht. Fast 20.000 Bergarbeiter, die über 4 Mio. Tonnen Kohle fördern, sind 1871 beim Preußischen Bergfiskus beschäftigt. Zurückzuführen war der Mitte des 19. Jahrhunderts boomartig einsetzende Aufschwung der Kohlewirtschaft auf die Anwendung und das Wirksamwerden zweier technischer Innovationen. Der Übergang vom oberflächennahen Stollenbau zum Tiefbau in Form des Schachtbaus ermöglichte jetzt die Erschließung der großen, tiefer gelegenen Lagerstättenteile. Die Eisenbahn löste in Verbindung mit der zwischen 1862 und 1879 durchgeführten Kanalisierung der Saar das Transportproblem und erschloss zudem neue Absatzmärkte. Ihr dichtes Streckennetz steigerte die infrastrukturelle Ausstattung der saarländischen Revierteile entscheidend. Sichtbarer Ausdruck der beschriebenen Entwicklung ist das Entstehen der so genannten „Eisenbahngruben“ wie z.B. der Anlagen Heinitz, Dechen, Reden, Altenwald, Dudweiler, Von der Heydt, Maybach, Friedrichsthal, Itzenplitz, König oder Kohlwald. 

 

Madenfelderhof: Milieuszene aus der Bergarbeiterkolonie (1926).Madenfelderhof: Milieuszene aus der Bergarbeiterkolonie (1926).

Neunkirchen-König: Landwirtschaft und Industrie - Der Bergmannsbauer (1947).

 

Das bergmännische Siedlungswesen – seine historischen Grundlagen

Um die neuen Kapazitäten in vollem Umfang nutzen zu können, fehlte es schon bald an einem ausreichenden und qualifizierten Reservoir von Arbeitskräften. Zunächst bemühte sich die Bergverwaltung, das dringend benötigte Arbeitskräftepotenzial aus den damals bereits existierenden saarländischen Industriezentren, dann aus den umliegenden ländlichen Siedlungen anzuwerben. Aufgrund der ständig steigenden Produktions- und Fördermengen erweiterte sich jedoch der Einzugsbereich der Grubenbelegschaften schnell auf angrenzende Regionen wie den Hochwald, die Pfalz und die Eifel. Selbst Bergleute aus anderen Bergrevieren, wie beispielsweise dem Harz oder Schlesien, wurden angeworben. 

Nur ein geringer Anteil der Bergleute fand bei der einheimischen Bevölkerung als Einlieger oder „Kostgänger“ eine Unterkunft. Die meisten Grubenarbeiter pendelten anfangs täglich auf „Bergmannspfaden“, den so genannten „Schwarzen Wegen“, zwischen ihren angestammten Wohnorten und der Arbeitsstätte. Viele Stunden Fußmarsch waren die Regel, die diese „Hartfüßer“ viel von Ihrer Arbeitskraft und Gesundheit einbüßen ließ. Als Konsequenz daraus beschloss der Preußische Bergfi skus, letztlich auch zur Erhaltung des gewinnbringenden Leistungspotenzials der Arbeiter, gezielt Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Eine bergbauliche Siedlungspolitik wurde formuliert. In diesem Zusammenhang legte Leopold Sello, der Direktor des Bergamts Saarbrücken, in seinem Promemoria vom 26. November 1841 den konzeptionellen Grundstein für das fiskalisch geförderte Prämienhaus, also der direkten Wohnraumeigentumsbildung des Bergmanns. Gleichzeitig plädierte er jedoch auch für eine Vermehrung der Schlafsäle für fremde, meist unverheiratete Bergleute. Diese zukunftsorientiert auf Vermehrung der Belegschaft gerichtete Maßnahme konkretisierte Sello am 11. Februar 1842 in einem „Brief zur Unterbringung auswärtiger Bergleute in Schlafhäusern“. Darin rückte er von einem vorschnellen Herbeiziehen auswärtiger Leute ab und befürwortete stattdessen ein Rekrutieren unbeschäftigter Hände aus entfernten Gegenden in dem hiesigen Bezirke und eine Unterbringung in noch zu schaffenden Schlafsälen. „Diese Leute gehen Sonnabend in ihre Heimath, bringen Montags Lebensmittel für die ganze Woche mit und schlafen dicht gedrengt in den ihnen eingeräumten Zimmern“. Somit hatte Sello durch die Schlafhäuser den zweiten Fuß einer staatlich gelenkten Siedlungspolitik formuliert, die alleine auf dem ersten Fuß des dezentralisierten und nur mittelbar auf den Arbeitskräftebedarf der Gruben orientierbaren Prämienhauskonzeptes nicht hätte stehen können. 

 

Das Schlafhauswesen

Mit der Überlegung des Baus von Schlafhäusern griff Sello die 1837 erstmalig aktenkundig gewordene Strategie auf, Bergleute in Schlafsälen unterzubringen. Bei diesen handelt es sich zunächst um so genannte „Schlafschuppen“. Die primitiven Baracken, in denen häufig über 200 Bergleute in einem Raum zusammengepfercht schlafen müssen, ähnelten riesigen Massenlagern, die keinerlei individuellen Freiraum ließen. Sie bestanden überwiegend aus nur einem großen Saal mit Holzpritschen und Strohsäcken, einigen Kämmerchen für die Aufseher und zwei Herden zum Kochen. Strenge Hausordnungen regelten das Leben im Schlafhaus. Die Bestimmungen dieser Hausordnungen sind gleichzeitig dahingehend zu werten, dass der Bergfiskus eine deutliche paramilitärische Kasernierung und Disziplinierung seiner Bergleute betrieb. In der am 7. April 1858 erlassenen ausführlichen Hausordnung für die Schlafhäuser der Königlichen Steinkohlengruben im Bergamtsbezirk Saarbrücken heißt es so im Paragraphen 1: „Sobald ein Arbeiter in dem Schlafhause angekommen ist, steht er unter der Aufsicht des Hausmeisters, dem er in allen Angelegenheiten des Hauses Gehorsam schuldig ist“. Im gleichen Kontext ist die Ausstattung der Schlafhäuser, was den Bilder- und Wandschmuck anbetraf, zu interpretieren. Die Wände des 1874 erbauten Schlafhauses IV der Grube Heinitz waren mit den Bildern des Kaisers sowie verschiedener Bergbeamter, Prinzen, Generäle und Politiker sowie mit zwei Schilden, auf denen bergmännisches Gezähe abgebildet war, geschmückt. Zudem waren Sprüche und Losungen wie: „Deutschland, Deutschland über Alles, über Alles in der Welt, wenn es stets zu Schutz und Trutz brüderlich zusammenhält, Willst du borgen, komme morgen, Nur fein mäßig wackere Knaben, die das Leder hinten haben“ und „Ein guter Trank aus Gerst und Hopfen, das sind die besten Wundertropfen“, zu lesen.

Bis zum Ende der Preußischen Ära wurde das Konzept der Sammelunterkunft des Schlafhauses ständig modifiziert und den gestiegenen Wohn- und Unterbringungsansprüchen der Belegschaft angepasst. Der Schlafhaustyp der Repräsentativen Schlafkaserne ist durch die beiden in Von der Heydt erhaltenen Schlafhäuser I (1873-1875) und II (1886), für 250 bzw. 288 Bergleute ausgelegt, dokumentiert. Das 1911/12 im so genannten „Pavillon Stil“ errichtete Schlafhaus in Maybach belegt hingegen als letztes preußisches Schlafhaus im Land an der Saar die Spätphase des Schlafhauswesens.

 

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